(BIAJ) „Nach Informationen aus Regierungskreisen erwartet die Bundesregierung im Rahmen der Etat-Einigung von der Bundesagentur für Arbeit einen Beitrag von jeweils 1,5 Milliarden Euro in 2024 und 2025 und von 1,1 Milliarden Euro in 2026 und 2027. Insgesamt sind dies über vier Jahre hinweg 5,2 Milliarden Euro. Die BA solle damit einen Teil der Mittel zurückzahlen, die sie während der Corona-Pandemie als Zuschüsse, zum Beispiel für Kurzarbeitergeld, erhalten hatte.“ (1)
Dies wäre die rückwirkende Umwandlung von Teilen eines Zuschusses aus dem Bundeshaushalt 2021 oder eines Darlehens aus dem Bundeshaushalt 2020, das auf gesetzlicher Grundlage zu einem Zuschuss wurde. Sie soll in den Haushaltsjahren 2024 bis 2027 zu beitragsfinanzierten Einnahmen des Bundes führen. Gesetzliche Grundlage dieser rückwirkenden Umwandlung von Zuschüssen aus abgeschlossenen Haushaltsjahren in Darlehen und des damit verbundenen oder direkten Entzugs von Beitragseinnahmen zu Lasten der BA - bisher unbekannt.* Am Rande, ein Blick ins Grundgesetz: „Der Bund trägt die Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung mit Einschluß der Arbeitslosenversicherung und der Arbeitslosenhilfe.“ (2) (Weiter unten oder PDF hier: Download_BIAJ20231216 - PDF mit Nachtrag (Seite 2) vom 19.12.2023, u.a. zur Berechnung der oben genannten 5,2 Milliarden Euro)
* Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) teilte dem BIAJ am 22.12.2023 (E-Mail, Eingang 15:48 Uhr) mit: "Die gesetzliche Grundlage für den Konsolidierungsbeitrag der Bundesagentur für Arbeit an den Bund in Höhe von insgesamt 5,2 Mrd. Euro für die Jahre 2024 bis 2027 wird derzeit erarbeitet." ... Weiter auf Seite 2 in PDF. (Anmerkung: siehe Artikel 120 GG)
Nachtrag vom 02.01.2024: In § 363 SGB III mit der Überschrift „Finanzierung aus Bundesmitteln“) soll laut Referentenentwurf eines Zweiten Haushaltsgesetzes 2024 (Bearbeitungsstand: 28.12.2023; siehe hier) folgender Absatz 3 angefügt werden: „(3) Zum teilweisen Ausgleich der Finanzierungsbeteiligung des Bundes in den Jahren 2020 und 2021 leistet die Bundesagentur zum Ende der Jahre 2024 und 2025 jeweils Zahlungen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro und zum Ende der Jahre 2026 und 2027 jeweils Zahlungen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro an den Bund.“ Mit dieser Änderung des § 363 SGB III sollen aus Beitragseinnahmen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 5,2 Milliarden Euro in den Haushaltsjahren 2024 bis 2027 Einnahmen des Bundes werden.
Ein kurzer Rückblick: Im ersten „Corona-Jahr“ 2020 erhielt die überwiegend aus Beitragsmitteln finanzierte Bundesagentur für Arbeit (BA) ein „überjähriges Darlehen“ in Höhe von 6.912.686.760,29 Euro aus dem Bundeshaushalt 2020. (3) Im zweiten „Corona-Jahr“ 2021 erhielt die BA dann aus dem Bundeshaushalt 2021 einen „Zuschuss“ in Höhe von 16.935.336.195,33 Euro. (4) In dritten „Corona-Jahr“ 2022 erhielt die BA dann wieder ein „überjähriges Darlehen“: 423.496.181,47 Euro. (5)
Alle drei Haushaltsjahre (2020, 2021 und 2022) sind abgeschlossen. Das 2022 gewährte überjährige Darlehen in Höhe von 423.496.181,47 Euro wird im laufenden Haushaltsjahr 2023 von der BA zurückgezahlt. 2021 wurde ein Zuschuss gewährt. Und was wurde aus dem überjährigen Darlehen in Höhe von 6.912.686.760,29 Euro in 2020 auf das die Bundesregierung mit ihrem noch unveröffentlichten neuen Haushaltsplan 2024 und neuen Finanzplan 2023 bis 2027 zu blicken scheint?
Aus dem 2020 gewährten überjährigen Darlehen in Höhe von 6.912.686.760,29 Euro wurde ein Zuschuss. Die Begründung findet sich u.a. in dem vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Band 2 der Haushaltsrechnung des Bundes 2021. In der Vorbemerkung zu Kapitel 1101 („Leistungen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch und gleichartige Leistungen“) heißt es:
„Können Darlehen bis zum Schluss des Haushaltsjahres nicht zurückgezahlt werden, gilt die Rückzahlung als bis zum Schluss des folgenden Haushaltsjahres gestundet (§ 365 SGB III). Abweichend hiervon wird unter den in § 12 Abs. 1 des Haushaltsgesetzes geregelten Voraussetzungen aus dem zum Schluss des Haushaltsjahres 2021 die Rücklage übersteigenden Darlehen ein Zuschuss.“ Und weiter zum in 2021 veranschlagten Zuschuss an die BA: „Die Veranschlagung des Zuschusses steht im Zusammenhang mit der Überwindung der finanziellen Auswirkungen auf den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit infolge der COVID-19-Pandemie.“
Entsprechend in der vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 2021. Dort heißt es:
„Der den Forderungen und sonstigen Vermögensgegenständen zuzurechnende Anfangsbestand aus den bisherigen Vermögensgruppen beträgt insgesamt 17,63 Mrd. Euro. Im Haushaltsjahr 2021 sind ist der Bestand an Forderungen und sonstigen Vermögensgegenständen bis auf 10,80 Mrd. Euro zurückgegangen.
Hintergrund ist, dass die Bundesagentur für Arbeit (BA) im Jahr 2020 zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft ein Darlehen des Bundes über 6,91 Mrd. Euro erhalten hat, dessen Rückzahlung nach § 365 SGB III bis zum Schluss des Haushaltsjahres 2021 gestundet wurde. Das gestundete Darlehen ist der BA nach § 12 Abs. 1 HG 2021 am Ende des Haushaltsjahres 2021 vollständig erlassen worden, weil die BA das Darlehen nicht am Schluss des Haushaltsjahres 2021 zurückzahlen konnte. Daher gehen die Forderungen um diesen Betrag zurück.“ (6)
Laut § 12 Absatz 1 Haushaltsgesetz 2021 galten die Ausgaben der BA für das konjunkturelle Kurzarbeitergeld und für die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen an Arbeitgeber in den Haushaltsjahren 2020 und 2021 als Höchstgrenze für die Umwandlung des Darlehens in einen Zuschuss. Diese Ausgaben der BA in 2020 und 2021 betrugen etwa 42,3 Milliarden Euro. n
Bremen, 16. Dezember 2023 (zum Nachtrag vom 19.12.2023 zur Berechnung der oben genannten 5,2 Milliarden Euro siehe Seite 2 der PDF - Link oben)
(1) BA-Presseinfo Nr. 55 vom 14.12.2023
(2) Artikel 120, Satz 4 Grundgesetz
(3) Haushaltsstelle 1101/856 22 mit der Zweckbestimmung „Überjähriges Darlehen an die Bundesagentur für Arbeit“ – Soll 2020: 0,00 Euro, nach erstem Nachtragshaushalt 2020 weiter 0,00 Euro und nach zweitem Nachtragshaushalt dann 9,3 Milliarden Euro
(4) Haushaltsstelle 1101/636 22 mit der Zweckbestimmung „Zuschuss an die Bundesagentur für Arbeit“ – Soll 2021: 3,35 Milliarden Euro
(5) Haushaltsstelle 1101/856 22 mit der Zweckbestimmung „Überjähriges Darlehen an die Bundesagentur für Arbeit“ – Soll 2022: 1,0 Milliarden Euro
(6) Bundesministerium der Finanzen, Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 2021, Seite 22