(BIAJ) Unter der Überschrift „Betreuungsgeld oft ungenutzt“ berichtete der Weser-Kurier in seiner Ausgabe vom 11. November 2014 auf Seite 7 über eine Pressemitteilung der Bremer Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen vom Vortag zum Betreuungsgeld.* (siehe www.senatspressestelle.bremen.de, 10.11.2014 - diese Pressemitteilung vom 10. November wurde nach Hinweis des BIAJ geändert - ohne auf die Änderungen mit weiterhin nicht plausiblen Zahlen hinzuweisen. Siehe unten.)

In diesem Artikel wurden offensichtlich vollkommen falsche Zahlen über die Ausgaben des Bundes für das Betreuungsgeld (Haushaltsstelle 1701/681 03) und zudem über die Zahl der Kinder in der Stadt Bremen genannt - und bisher (Stand: 16. November 2014) trotz Hinweis des BIAJ auf diese Fehler am 12. November 2014 nicht korrigiert (siehe dazu auch die BaSta-Anmerkungen vom 22. November 2014: hier (mit Anmerkung zu "OECD-Quote" in der Pressemitteilung)

Der in dem Artikel vom 11. November 2014 erweckte Eindruck, von den im Bundeshaushalt 2014 veranschlagten 515 Millionen Euro für das Betreuungsgeld würden im laufenden Haushaltsjahr lediglich 140 Millionen Euro ausgegeben, ist falsch. Offensichtlich wurde die Sozialsenatorin falsch informiert.

Der Widerspruch zwischen den Ausgaben in Höhe von angeblich 140 Millionen Euro und den vom Statistischen Bundesamt berichteten 224.330 "anspruchsbegründenden Kindern" im zweiten Quartal 2014 (nach 145.756 im ersten Quartal 2014), davon 1.099 im Land Bremen (nach 671 im ersten Quartal 2014) hat das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) veranlasst, das zuständige Bundesministerium (BMFSFJ) nach den Ausgaben des Bundes für das Betreuungsgeld zu befragen.

In der Antwort des BMFSFJ (E-Mail) vom 12. November 2014 heißt es dazu: "Bis Juli 2014 wurden über 150.000.000,00 € und bis September 2014 knapp 245.000.000,00 € für das Betreuungsgeld ausgegeben. Mit einer weiteren Steigerung der Ausgaben bis Ende 2014 ist zu rechnen."

Wenn dies zutrifft, und damit rechnerisch für die Monate August und September insgesamt knapp 95 Millionen Euro ausgegeben wurden (245 Millionen Euro minus 150 Millionen Euro), werden im Haushaltsjahr 2014 vom Bund insgesamt (vermutlich deutlich) über 385 Millionen Euro für das Betreuungsgeld ausgegeben und nicht 140 Millionen Euro.

Und zum Schluss noch eine kleine Anmerkung zu den im Artikel genannten "pro Jahr 5.000 bis 6.000 Kindern" in der Stadt Bremen (keine Zahlen aus der Pressemitteilung des Sozialressorts): Nach der amtlichen Statistik (Fortschreibung des Bevölkerungsstandes auf Grundlage der Ergebnisse des Zensus 2011) lebten Ende 2013 in der Stadt Bremen 4.731 Kinder im Alter von unter einem Jahr, 4.598 Kinder im Alter von einem Jahr bis unter 2 Jahre (und nur 4.198 Kinder im Alter von 2 bis unter 3 Jahre).

Und ganz zum Schluss: Die Forderung der Senatorin nach einer stärkeren Förderung von Kindern, insbesondere von Kindern aus armen Familien, ist selbstverständlich trotz der falschen Zahlen richtig.

In diesem Zusammenhang sollte ermittelt und offengelegt werden, wie viel der Betreuungsgeld-Ausgaben des Bundes auf „Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II“ (Hartz IV, einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung) leistungsmindernd angerechnet wurden und damit die Ausgaben des Bundes und der Kommunen für diese Leistungen senkten.

Bremen, 16. November 2014

Paul M. Schröder, Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ)

 

Anmerkung vom 17. November 2014 zu der zwischenzeitlich geänderten Pressemitteilung der Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen vom 10. November 2014 (hier): In der ohne Hinweis geänderten Pressemitteilung wird aus den 245 Millionen Euro, die laut zuständigem Bundesministerium (BMFSFJ) in diesem Haushaltsjahr (2014) bis September ausgegeben wurden, und den im Bundeshaushalt veranschlagten 515 Millionen Euro Minderausgaben von 270 Millionen Euro errechnet. Dies erstaunt, denn es ist zu erwarten, dass auch im letzten Quartal 2014 Ausgaben für das Betreuungsgeld erfolgen. Und: Abgesehen davon bleibt die heimliche Veränderung der Pressemitteilung "unvollkommen". In der geänderten Fassung vom 17. November 2014 (vom Verfasser um 11 Uhr gelesen) heißt es dann weiterhin: "Von den 375 Millionen Euro aus Berlin würden rechnerisch rund vier Millionen Euro nach Bremen fließen. „Das Geld wäre besonders gut investiert in der Sprachförderung und für den Ausgleich sozialer Nachteile zwischen den Stadteilen“, sagte Anja Stahmann weiter."


Siehe dazu auch die BaSta-Anmerkungen vom 22. November 2014: hier (mit Anmerkung zur "OECD-Quote" in der Pressemitteilung)


* Weser-Kurier vom 26. November 2014: "Betreuungsgeld: Mehr abgerufen - Sozialbehörde korrigiert sich" (Seite 11)