(BaSta) "Hatte sich die Zahl der Neugeborenen ab 2009 jährlich zwischen 4.508 und 4.830 bewegt, schnellte sie im vergangenen Jahr auf 7.268." Das konnte man am internationalen Tag der Pressefreiheit (3. Mai 2015) über den "großen Sprung in der Geburtsstatistk" der Stadt Bremen im Kurier am Sonntag (Weser-Kurier) unter der Überschrift "Kindersegen auch ohne Weltmeistertitel" lesen. Sicher, so etwas darf geschrieben und auch veröffentlicht werden. Aber stimmt das? Siehe dazu die kurzen Anmerkungen des Büro für absurde Statistik (BaSta) vom 3. Mai 2015: Download (eine PDF-Seite, DIN A4 quer)


Richtigstellung des Bürgerschaftsabgeordneten Winfried Brumma (SPD): "... bei meiner Zahl handelt es sich nicht um Geburten sondern um Patientinnen und Schwangere insgesamt in den Geburtshilfen der Kliniken im Land Bremen. Meine genannte Aussage war nicht korrekt mit dem Begriff von "Geburten". Wir hatten 2013 , 14.976 Patientinnen und Schwangere insgesamt in den Geburtshilfeabteilungen der Kliniken im Land Bremen. Davon 10.223 aus Bremen und 4.573 aus Niedersachsen. Der Rest kam aus anderen Bundesländern." (eMail, 3. Mai 2015, 22:21 Uhr)


Nachtrag I: Der Antrag der CDU-Bürgerschaftsfraktion vom 20. Februar 2015 (Drucksache 18/1732, " Die erfreuliche Geburtensteigerung in Bremen durch Investitionen in Kreißsäle unterstützen!") begann mit dem folgenden Satz: "2013 wurden insgesamt 10.300 Kinder in der Stadtgemeinde Bremen geboren." Auch dies ist absolut falsch ... und war offensichtlich die "Vorlage" für die im Weser-Kurier am 24. Apri 2015 unter Berufung auf den SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Winfried Brumma genannte Zahl von 15.000 Geburten im Land Bremen. (siehe die Richtigstellung des Bürgerschaftsabgeordneten Winfied Brumma.)


Nachtrag II: Der Chefredakteur des Weser-Kurier, Moritz Döbler, will bisher nicht eingesehen,dass die Leserinnen und Leser des Kurier am Sonntag (3. Mai 2015) mit dem folgenden Satz zum "großen Sprung in der Geburtsstatistik" in der Stadt Bremen getäuscht wurden:  "Hatte sich die Zahl der Neugeborenen ab 2009 jährlich zwischen 4.508 und 4.830 bewegt, schnellte sie im vergangenen Jahr auf 7.268." Der Chefredakteur des Weser-Kurier vertritt (bisher) die Auffassung,

dass der folgende Absatz aus dem Artikel den Hintergrund der Statistik mehr als deutlich macht: „In den Geburtskliniken sind es freilich nicht nur Bremerinnen, die der Welt Nachwuchs schenken. Wegen der Schließung etlicher Geburtsstationen im Umland kommen mehr und mehr Frauen aus Niedersachsen zum Gebären in die Hansestadt. Die Bürgerschaft hat darauf reagiert, geplant sind Verhandlungen mit dem Ziel der Kostenbeteiligung Niedersachsens zur Sicherstellung der Geburtshilfe. Zusätzlich mussten die Kliniken Links der Weser und Bremen-Nord den Wegfall der Geburtsabteilung im Klinikum Mitte auffangen, die nach dem Keim-Skandal dauerhaft geschlossen worden ist." Dieser Absatz macht aber gerade nicht (!) deutlich, dass die im Kurier am Sonntag genannten Zahlen für die Jahre 2009 bis 2013 (u.a 4.830 in 2013) nur die Geburten von Frauen umfasst, die in der Stadt Bremen wohnen, während die 7.268 Geburten in 2014 (Quelle bisher unbekannt) auch die offensichtlich steigende Zahl von Geburten von Frauen in stadtbremischen Krankenhäusern umfasst, die nicht in der Stadt Bremen wohnen (insbesondere Fraunen aus Niedersachsen).  (Stand Nachtrag II: 05. Mai 2015, 17:40 Uhr)


Nachtrag III: Nach Hinweis auf den Nachtrag II teilte der Chefredakteur des Weser-Kurier am 5. Mai 2015 per eMail um 21:16 Uhr mit: "... selbstverständlich prüfen wir das. Sollten wir einen Fehler gemacht haben, werden wir ihn umgehend korrigieren."


Nachtrag IV: Als Tag für die Korrektur eignet sich in besonderer Weise der 8. Mai (1945-2015) - auch wenn es kein Sonntag ist. Begründung: Im Artikel "Kindersegen auch ohne Weltmeistertitel" (Kurier am Sonntag, 3. Mai 2015) erklärt die Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen, Anja Stahmann (Bündnis 90/Die Grünen), den Geburtenanstieg mit dem Hinweis: "Es sind die Kinder der Babyboomer, die jetzt Eltern werden." Der Geburtenanstieg ist deutlich geringer als die im Kurier am Sonntag genannten Daten erwarten lassen (siehe oben). Aber der bei den Geburten in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt zu beobachtende geringe Anstieg der Geburten wird zum Teil tatsächlich durch die folgende deutsche  "Babyboomer"-Zeitreihe erklärt: 1939, 1964, 1989, 2014 (vereinfachte Darstellung im 25-Jahre-Rhythmus). Die deutschen (!) "Babyboomer"-Höhepunkte unterscheiden sich deutlich von denen in anderen Ländern (Sieger 1945), wie zum Beispiel in den benachbarten Niederlanden: hier. Rückblickend betrachtet passt der Begriff "Babyboomer" natürlich doch nicht wirklich.


Nachtrag V: Drei Abbildungen (Download_BIAJ_20150506)

Abb. 1: A. Lebendgeborene in Krankenhäusern im Land Bremen (unabhängig vom Wohnort der Mutter) und B. Lebendgeborene von im Land Bremen wohnenden Müttern (unabhängig vom Ort der Geburt des Kindes) – 1995 bis 2013
Abb. 2: A. Lebendgeborene in Krankenhäusern in der Stadt Bremen (unabhängig vom Wohnort der Mutter) und B. Lebendgeborene von in der Stadt Bremen wohnenden Müttern (unabhängig vom Ort der Geburt des Kindes) – A: 2004 bis 2013 (keine Daten vor 2004) – B: 1995 bis 2013
Abb. 3: A. Lebendgeborene in Krankenhäusern in der Stadt Bremerhaven (unabhängig vom Wohnort der Mutter) und B. Lebendgeborene von in der Stadt Bremerhaven wohnenden Müttern (unabhängig vom Ort der Geburt des Kindes) – A: 2004 bis 2013 (keine Daten vor 2004) – B: 1995 bis 2013
Entsprechende Daten für das Jahr 2014 liegen nach Auskunft des Statistischen Landesamtes Bremen nocht nicht vor. (Stand: 6. Mai 2015, 19:55 Uhr)


Hinweis: Siehe auch die BIAJ-Kurzmitteilung "Bremen: Geburtenexplosion vor der Bundestagswahl am 10. Mai 2015 ("Muttertag") vom 8. Mai 2015. (BIAJ_2015-05-08)


Nachtrag VI: Unter der Überschrift "Weniger Kinder als erwartet" hat der Weser-Kurier am 9. Mai 2015 (Seite 9) seinen Fehler im Kurier am Sonntag (Weser-Kurier) vom 3. Mai 2015 korrigiert.  Für 2014 wird folgende vom Stadtamt Bremen für den Weser-Kurier ermittelte Geburtenzahl ("mit Hauptwohnung in Bremen geborene Kinder") genannt: 5.155 - versehen mit dem Hinweis: "Diese Angaben beziehen sich auf den Zeitpunkt der Eintragung in das Melderegister, nicht auf die in den Standesämtern beurkundeten Geburten." Es bleibt jetzt noch abzuwarten, ob der jetzt vom Weser-Kurier genannte Anstieg der Geburten um 325 gegenüber dem Vorjahr - von 4.830 Geburten in 2013 gemäß Bevölkerungsstatistik des Statistischen Landesamtes Bremen auf die 5.155 Geburten in 2014 gemäß der Sonderauswertung des Stadtamtes Bremen für den Weser-Kurier - demnächst vom Statistischen Landesamt Bremen bestätigt wird. Die bisher vorliegenden Daten der Bevölkerungsstatistik des Statistischen Landesamtes Bremen - 3.965 Geburten in der Stadt Bremen in den ersten 10 Monaten des Jahres 2014 - lassen einen Anstieg auf 5.155 Geburten in 2014 nicht erwarten. Ebenso bleibt abzuwarten, ob die vom Weser-Kurier genannten 7.268 Geburten in Krankenhäusern in der Stadt Bremen (unabhängig vom Wohnort der Mütter) von der Krankenhausstatistik des Statistischen Landesamtes Bremen für das Jahr 2014 bestätigt werden. (2013: 6.688 Geburten - rechnerischer Anstieg in 2014: 580 Geburten) (BaSta, 9. Mai 2015)


Nachtrag VII vom 13. Mai 2015: Die Pressemitteilung des Statistischen Landesamtes Bremen vom 13. Mai 2015 (hier: PM_STLA_20150513) nennt für das Jahr 2014 insgesamt 7.316 Lebendgeborene in den Krankenhäusern in der Stadt Bremen (insgesamt 8.919 Lebendgeborene in den Krankenhäusern im Land Bremen). "Die schwangeren Frauen kamen sowohl aus Bremen und Bremerhaven als auch von auswärts."