(BIAJ) „1961 kamen die ersten … Innerhalb von zwei Jahren vermehrten sich die Gastarbeiter auf 14 Millionen.“ Wer sagt denn so etwas und wer verbreitet diese vollkommen falsche „Information“ zum Jahresbeginn 2016 ohne eine kritische Anmerkung? Der Präsident der Bremischen Bürgerschaft und der Weser-Kurier.

Im Redetext des Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft zum Neujahrsempfang der Bremischen Bürgerschaft am 5. Januar 2016 heißt es: „1961 kamen die ersten, meist ungelernte junge Männer, in die Bundesrepublik. Innerhalb von zwei Jahren vermehrten sich die Gastarbeiter auf 14 Millionen. Viele gingen, nachdem sie genügend Geld verdient hatten, in ihre Heimat zurück, viele blieben aber auch, holten Angehörige nach, in der Suche nach einer neuen Heimat.“

Und der Weser-Kurier gibt dies am folgenden Tag (6. Januar 2016) an seine Leserinnen und Leser weiter: „1961 seien die ersten , meist ungelernten jungen Männer in die Bundesrepublik gekommen – zwei Jahre später, so Weber, habe es hier bereits 14 Millionen Gastarbeiter gegeben.“ Eine „kritische Anmerkung“ zur zitierten Textpassage im Redetext des Präsidenten der Bremischen sucht man vergebens. Auf Hinweis des BIAJ vom 6. Januar 2016 (eMail) antwortete der Chefredakteur des Weser-Kurier am 7. Januar 2016 (eMail 11:25 Uhr): „Herr Weber hat sich entsprechend ausgedrückt, wir hatten keinen Anlass, an seinen Worten zu zweifeln.“ Wenige Tage nach den ausführlichen Berichten über den 60. Jahrestag des ersten „Anwerbeabkommens“!? Der Präsident der Bremischen Bürgerschaft und seine Pressestelle haben bisher nicht reagiert. (7. Januar 2016: 13:30 Uhr; siehe Nachtrag unten )

„14 Millionen Gastarbeiter“: Das erste „Anwerbeabkommen“ wurde am 20. Dezember 1955 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Italien abgeschlossen. Am 10. September 1964 wurde der „millionste Gastarbeiter“ mit einem Moped und einem Strauß Nelken am Bahnhof Köln-Deutz begrüßt. (diverse Presseberichte) „Bis zum Anwerbestopp 1973 kamen etwa 14 Millionen Arbeitskräfte nach Deutschland, etwa 11 Millionen von ihnen kehrten wieder zurück.“ (Deutsches Historisches Museum: http://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/fremde/gastarbeiter.html) (BIAJ 07.01.2016)


Nachtrag: Der Leiter des Präsidentenbüros und Sprecher der Bürgerschaft teilte am 7. Januar 2016 (17:22 Uhr), er könne erst jetzt antworten, da er die eMail des BIAJ "leider erst heute zu Gesicht bekommen" habe. Die Antwort: "Sie haben Recht; es hat sich ein Fehler in die Rede des Präsidenten geschlichen. Die von Ihnen monierten 14 Millionen Gastarbeiter beziehen sich nicht auf zwei Jahre, sondern sie sind schätzungsweise das Resultat von zwei Jahrzehnten. Ich bitte auch im Namen des Präsidenten die Unachtsamkeit zu entschuldigen." (BIAJ 07.01.2016, 17:55 Uhr)