(BIAJ) Aus Straftaten „vom 1. September 2014 bis 30. September 2015" macht der Weser-Kurier Straftaten „im September"! Warum wurde dieser grobe Fehler bisher nicht korrigiert?

Am 28. Oktober 2015 konnte man auf Seite 1 des Weser-Kurier unter der Schlagzeile „Bremer Jugendrichter greift Politik an" lesen: „Laut einem Lagebericht der Polizei wurden im September dieses Jahres 2.823 Straftaten von Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren begangen; für 1.050 Taten seien UmF verantwortlich zu machen. Knapp 50 dieser Jugendlichen kämen immer und immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt. Daraus gebe es nur eine Konsequenz, so Innensenator Ulrich Mäurer (SPD): ..." (UmF = unbegleitete minderjährige Flüchtlinge)

2.823 Straftaten von Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren im September 2015 laut „einem Lagebericht der Polizei" (unveröffentlicht)? Es könnte sein, dass der grobe Fehler der Redaktion der Weser-Kurier bisher nicht aufgefallen ist. Dass der grobe Fehler dem Innensenator und seinem näheren Umfeld nicht aufgefallen sein sollte, fällt schwer zu glauben. Aber das sollten andere (z.B. parlamentarisch) klären und das Ergebnis der Klärung veröffentlichen.

Der bisher unveröffentlichte Lagebericht, aus dem der Weser-Kurier offensichtlich vollkommen falsch zitiert, nennt in der Tat 2.823 Straftaten. Aber: Diese Zahl und die anderen im Weser-Kurier zitierten Zahlen beziehen sich nicht auf den Berichtsmonat September 2015 sondern auf den Berichtszeitraum vom 1. September 2014 bis 30. September 2015 – also nicht auf einen Monat sondern auf 13 Monate.

Das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) erwartet die Veröffentlichung des Lageberichts der Polizei (oder zumindest der Teile, die dem Weser-Kurier vorliegen) und eine Richtigstellung (auch der genannten Zahl der Jugendlichen) durch den Weser-Kurier an gleicher Stelle (Seite 1).


Nachtrag I: Die Pressesprecherin des Innensenators der Freien Hansestadt Bremen teilte dem BIAJ auf Anfrage mit: "Bei dem genannten Beispiel, sind wir davon ausgegangen, dass der Fehler wirklich so offensichtlich ist, sodass ich auf eine Korrektur verzichtet habe. Im Nachhinein muss ich Ihnen recht geben, wäre es besser gewesen, es anders zu handhaben. Erstens, damit andere Redakteure aus dem WK nicht von falschen Zahlen aus ihrer eigenen Zeitung abschreiben und zweitens können Außenstehende möglicherweise doch nicht sofort erkennen, dass es sich um Jahreszahlen und nicht um Monatszahlen handelte."  (eMail vom 9. November 2015; Anm. am Rande: Es handelt sich um 13-Monatszahlen. Siehe oben.)

Das BIAJ dazu: "Sie können doch nicht ernsthaft davon ausgegangen sein, dass den Leserinnen und Lesern des Weser-Kurier die (unveröffentlichte) Kriminalitätsstatistik so vertraut ist, dass sie erstens einschätzen können, dass sich die genannten 2.823 (1050) Straftaten statt auf den September auf 13 Monate (!) beziehen und dass sich auch die Zahl von knapp 50 Jugendlichen die "immer und immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt" kämen, bei näherer Betrachtung des Lageberichts ("priorisierte unbegleitete minderjährige Flüchtlinge") anders darstellt." (eMail vom 10. November 2015)


Nachtrag II: Die "Korrektur" des Weser-Kurier am 11. November 2015 (Seite 2): "In der Zeit von September 2014 bis inklusive September 2015 wurden laut eines Lageberichts der Polizei in Bremen 2823 Straftaten Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren zur Last gelegt. Für 1050 dieser Taten werden unbegleitete minderjährige Flüchtlinge verantwortlich gemacht. Wir hatten kürzlich versehentlich eine falsche Zahl veröffentlicht und bitten, diesen Fehler zu entschuldigen."