(BIAJ) Eine „Einigung der zuständigen Ministerien" schließt „derzeit" die Teilnahme aller Ausländerinnen und Ausländer an beitragsfinanzierten Sprachkursen nach § 421 SGB III aus, die nicht aus Syrien, Irak, Iran und Eritrea stammen. Der Ausschluss wird von der Bundesagentur für Arbeit (BA) durch ein „unbürokratisches Verfahren" umgesetzt. Dies geht aus einer Antwort des Kundenreaktionsmanagements der BA hervor.

Begründung für die „Einigung der zuständigen Ministerien": Von einer guten „Bleibeperspektive" im Sinne des § 421 Absatz 1 Satz 1 SGB lll könne nur dann ausgegangen werden, „wenn die Menschen aus einem Herkunftsstaat mit einer Gesamtschutzquote von mindestens 50% stammen." Dies treffe „derzeit nur auf die Staaten Syrien, lrak, lran und Eritrea zu." (Schreiben des BA-Kundenreaktionsmanagements vom 16. November 2015: Seite_1, Seite_2)

Unklar bleibt auch nach der Antwort des Kundenreaktionsmanagements der BA: Wie lautet die exakte Weisung, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) der BA im Rahmen der Rechtsaufsicht (§ 393 SGB III) erteilt hat und auf welcher rechtlichen Grundlage erfolgte die Weisung? § 421 SGB III enthält keine Ermächtigung, den dort in Absatz 1 genannten förderfähigen Personenkreis auf Menschen aus „derzeit" lediglich vier Herkunftsstaaten (!) zu beschränken – und zum Beispiel (!) Menschen aus Afghanistan generell auszuschließen. (siehe dazu den Nachtrag vom 8. Dezember 2015)

Die Bezugnahme auf die „Gesamtschutzquote" des Herkunftsstaates ist willkürlich und ausgrenzend. Unklar ist zudem (!) der Bezugszeitraum für die Berechnung der offensichtlich unbereinigten „Gesamtschutzquoten"? Das Beispiel der unbereinigten „Gesamtschutzquote" des „derzeit" ausgeschlossenen Herkunftsstaats (Herkunftsland) Afghanistan macht dies deutlich. (siehe BIAJ-Tabelle unten) Die unbereinigte "Gesamtschutzquote" betrug in den sieben Monaten von Januar bis Juli 2015 40,9 Prozent. In den zehn Monaten von Januar bis Okober 2015 betrug die unbereinigte "Gesamtschutzquote" dann 44,9 Prozent. In den drei Monaten von August bis Oktober 2015, betrug die unbereinigte "Gesamtschutzquote" rechnerisch 56,2 Prozent. Die unbereinigte "Gesamtschutzquote" lag damit nach Berechnung des Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) für das Herkunftsland Afghanistan in den letzten drei Monaten vor Inkrafttreten des neuen § 421 SGB III deutlich über 50 Prozent! (Anmerkung: Die unveröffentlichten "bereinigten Gesamtschutzquoten" liegen deutlich über den veröffentlichten "unbereinigten Gesamtschutzquoten". Bei der Berechnung "bereinigter Gesamtschutzquoten" bleiben die "formellen Entscheidungen" - keine inhaltliche Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über die Asylgründe z.B. wegen fehlender Zuständigkeit - unberücksichtigt.)

afghanistan-102015 

Vorgeschichte (zwei BIAJ-Kurzmitteilungen): hier


Nachtrag vom 8. Dezember 2015: Die E-Mail, „mit dem das Bundesministerium für Arbeit und Soziales der Bundesagentur für Arbeit die Auffassung übermittelt hat, bei welchen Flüchtlingen die Teilnahme an Sprachkursen im Rahmen der Vorschrift des § 421 SGB lll gefördert werden kann" (BMAS, Schreiben an BIAJ vom 7. Dezember 2015) finden Sie hier: BMAS20151027 (Namen geschwärzt von BMAS) Siehe auch hier: BIAJ20151208