Bremische Bürgerschaft: Tag der wundersamen Zahlen zur Arbeitsförderung (27. September 2011)
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Der 27. September 2011 in der Bremischen Bürgerschaft (Landtag), ein Tag der wundersamen Zahlen:
Im Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN heißt es unter der Überschrift „Langzeitarbeitslose müssen Chancen auf Arbeit behalten“:
„Die bisher vorgelegten Eckdaten werden für das Land Bremen nach bisherigen Schätzungen zu einer Reduzierung in der Höhe von 6-8 Millionen Euro gegenüber dem Haushaltsjahr 2010 führen.“ (Drucksache 18/67; Hervorhebung durch Verfasser)
http://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/Drs-18-67_fb8.pdf
Und am selben Tag reicht die Fraktion der CDU eine Kleine Anfrage unter der Überschrift „Integrationsjobs im Benchmarking-Vergleich“ ein. Darin heißt es:
„Laut Bericht über die Umsetzung der arbeitsmarktpolitischen Programme im Land Bremen im Jahr 2010 (...) sind im Land Bremen im Jahr 2010 insgesamt 2.359 Personen in eine AGH-M-Maßnahme (sprich: „Ein-Euro-Job“; der Verfasser) eingetreten.“ (Hervorhebung durch Verfasser)
http://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/KlA-2011-09-27_Benchmarkingvergleich_f37.pdf
Die genannten Zahlen verwundern:
„... Reduzierung in Höhe von 6-8 Millionen gegenüber dem Haushaltsjahr 2010“ ?
Allein den beiden Jobcentern (Stadt Bremen und Bremerhaven) werden 2012 vom Bund voraussichtlich nur noch 60,7 Millionen Euro für SGB II-„Leistungen zur Eingliederung in Arbeit“ zugewiesen werden, 32,8 Millionen weniger als 2010. (2010: 93,5 Millionen Euro; 2011: 70,8 Millionen Euro; siehe dazu: hier, Bremen Land: Seite 3; Bremische Städte: Seite 4) Nicht mitgerechnet sind hier die geplanten Kürzungen der Mittel für die aktive Arbeitsförderung der beiden Arbeitsagenturen.
„... im Land Bremen im Jahr 2010 insgesamt 2.359 Personen“ in „Ein-Euro-Jobs“ eingetreten?
Von der Statistik der Bundesagentur für Arbeit wurden im Land Bremen 7.824 Eintritte in Arbeitsgelegenheiten in der Mehraufwandsvariante (zum Teil handelt es sich dabei um Verlängerungen) und ein jahresdurchschnittlicher Bestand von 3.248 Teilnehmer/innen in „Ein-Euro-Jobs“ registriert.
Die wundersamen Zahlen des heutigen 27. September 2011 werden sicher demnächst von der Landesregierung aufgeklärt.
Anmerkung (29.09.2011): Die Drucksache 18/67 wurde neu gefasst. (Drucksache 18/69) Es heißt jetzt "... Reduzierung in der Höhe von rund 30 Millionen Euro gegenüber dem Haushaltsjahr 2010 ..." (http://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/Drs-18-69_af7.pdf)
Eingliederungsbilanzen der "Optionskommunen": Die unendliche Geschichte einer Petition!?
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Am 15. Juli 2011 veröffentlichte die Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) den ersten Tabellenteil der SGB II-Eingliederungsbilanzen 2010. Die Daten in den Tabellen 1a und 2, "Zugewiesene Mittel und Ausgaben nach der arbeitsmarktpolitischen Schwerpunktsetzung" und "Durchschnittliche Ausgaben je geförderten Arbeitnehmer", der 69 zugelassenen kommunalen Träger ("Optionskommunen") wurden, anders als zunächst angekündigt, nicht am 15. August sondern erst am 14. September 2011 veröffentlicht. Und auch an diesem 14. September 2011 konnten (durften) von der Statistik der BA lediglich die Gesamtausgaben für "Leistungen zur Eingliederung" in diesen 69 "Optionskommunen" (zkT) veröffentlicht werden.
Die vom Gesetz vorgeschriebenen Informationen zu den Ausgaben für die einzelnen Instrumente, z.B. die Ausgaben für die Förderung von "Ein-Euro-Jobs", fehlen auch in diesem sechsten Berichtsjahr seit Inkrafttreten des SGB II (Hartz IV). Das heißt: § 54 SGB II in Verbindung mit § 11 SGB III werden auch weiterhin für die 69 "Optionskommunen" in diversen Punkten nicht eingehalten.
Die unvollendete Geschichte einer Petition, die die diesbezügliche Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zum Ziel hatte:
24. November 2008. Petition des Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ; Paul M. Schröder) an den Deutschen Bundestag. (Online-Petition: hier1)
23. Januar 2009. Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS): hier2
05. März 2009. Bitte um parlamentarische Prüfung der vom BMAS beschriebenen Unzulänglichkeiten bei der Umsetzung der Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung einheitlicher Eingliederungsbilanzen: Schreiben des BIAJ an den Petitionsausschuss: hier3
... (diverse Schreiben des Petititonsausschusses: siehe die BIAJ-Materialien)
29. Juni 2011. „... die Prüfung Ihres Anliegens nimmt wider Erwarten längere Zeit in Anspruch. Ich bin aber bemüht, Ihnen das Ergebnis so bald wie möglich mitzuteilen.“ (Schreiben des Petitionsausschusses)
Die BIAJ-Materialien vom 27. September 2011 finden Sie hier: Download
Aktualisierung I: Mit Schreiben vom 30. Januar 2012 teilte der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages einmal mehr mit: "die Prüfung Ihres Anliegens nimmt wider Erwarten längere Zei in Anspruch."
Aktualisierung II: Mit Schreiben vom 19. Juli 2012 teilte der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages mit: "... die aufgrund Ihrer Eingabe eingeleitete Prüfung konnte immer noch nicht endgültig abgeschlossen werden".
Aktualisierung III: Mit Schreiben vom 1. März 2013 (eingegangen am 13. März 2013) teilte der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages mit: "das Petitionsverfahren ist so weit fortgeschritten, dass Ihre Petititon nunmehr den als Berichterstatter eingesetzten Abgeordneten zugeleitet wird. Nach abschließender Behandlung Ihrer Eingabe werden Sie unterrichtet." (Zur Erinnerung: Die Eingabe erfolgte am 24. November 2008!)
Aktualisierung IV: Mit Schreiben vom 7. Juli 2014 (!) teilte die Vorsitzende des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages mit, dass der Deutsche Bundestag die Petition 4-16-11-81503-045080 vom 24. November 2008 (!) beraten und am 3. Juli 2014 beschlossen hat:
"1. Die Petition den Landesvolksvertretungen von Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen und vom Saarland zuzuleiten, soweit die Landesaufsicht betroffen ist,
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen."
Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Bremerinnen und Bremer (Ende 2010: Städte, Land)
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Ende 2010 waren in der Stadt Bremen 49,9 Prozent der Männer und 44,9 Prozent der Frauen im Alter von 15 bis unter 65 Jahren sozialversicherungspflichtig beschäftigt. In der Stadt Bremerhaven waren dies lediglich 48,0 Prozent der Männer und 41,9 Prozent der Frauen im entsprechenden Alter. (Land Bremen: Männer 49,6 Prozent, Frauen 44,4 Prozent; jeweils einschließlich der in der Beschäftigungsstatistik weiter gezählten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Freistellungsphase der Altersteilzeit)
Wie sich dies in den einzelnen Altersgruppen darstellt, ist den drei BIAJ-Tabellen (Stadt Bremen, Bremerhaven, Land Bremen) zu entnehmen: Download
Anmerkung: Die im heutigen Weser-Kurier (23. September 2011, S. 15) unter der Überschrift "Ungenutzte Potentiale" berichtete Quote - "43,5 Prozent der Bremer Frauen sind berufstätig." - ist irreführend. Berufstätig bzw. erwerbstätig (wenn auch zum Teil nur geringfügig und nicht selten mit geringem Einkommen) sind neben den sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen auch die Selbständigen, die Beamtinnen, die ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten und die mithelfenden Familienangehörigen. (Erwerbstätige im Sinne der amtlichen Statistik sind zudem die geförderten Beschäftigten in Arbeitsgelegenheiten in der Mehraufwandsvariante alias "Ein-Euro-Jobs")
Armutsgefährdungsquoten nach Geschlecht im Bund und den Ländern: 2005 bis 2010
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Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat heute (22.09.2011) die im Rahmen des Projekts „Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik“ auf Basis des Mikrozensus für das Jahr 2010 berechneten Armutsgefährdungsquoten veröffentlicht.
Bayern erstmals auf Rang 1
Im Positiv-Ranking reichen die Armutsgefährdungsquoten der Bevölkerung insgesamt von 10,8 Prozent in Bayern (erstmals im Beobachtungszeitraum Rang 1), und 11,0 Prozent in Baden-Württemberg (erstmals im Beobachtungszeitraum nicht Rang 1 sondern Rang 2) bis 21,1 Prozent in Bremen (Rang 15) und 22,4 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern (Rang 16, wie in allen Jahren des Beobachtungszeitraums).
Armutsgefährdung der weiblichen Bevölkerung: Nur noch in Berlin kleiner als die der männlichen Bevölkerung
Nur noch in Berlin lag 2010 nach den Berechnungen der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder die Armutsgefährdungsquote der weiblichen Bevölkerung unter der Armutsgefährdungsquote der männlichen Bevölkerung. (w: 18,2%; m: 20,3%)
Das Land Bremen war bis 2009 das einzige westdeutsche Land, in dem die Armutsgefährdungsquote der weiblichen Bevölkerung im Beobachtungszeitraum immer unter der Armutsgefährdungsquote der männlichen Bevölkerung lag. Im Jahr 2010 wurde auch hier für die weibliche Bevölkerung (21,5%) eine höhere Armutsgefährdungsquote ermittelt als für die männliche Bevölkerung (20,6%).
Hamburg von Rang 9 (2005) auf Rang 4 (2010)
Während sich die Armutsgefährdungsquote in Brandenburg im Vergleich 2005-2010 absolut am deutlichsten positiv verändert hat (um 2,9 Prozentpunkte von 19,2% auf 16,3%) ist dies im Positiv-Ranking der Länder die Freie und Hansestadt Hamburg. Sie stieg von Rang 9 (2005) auf Rang 4 (2010).
Die gesamte BIAJ-Kurzmitteilung vom 22. September 2011 finden Sie hier: Download
Geringfügig entlohnte Beschäftigte im Alter von 65 Jahren und älter (Ende 2003 bis Ende 2010)
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Die Falschmeldung, ausgehend von einer falschen Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMAS), Andreas Storm, verbreitete sich schnell: „Rund 660.000 Rentner müssen nebenher jobben“, „3,9 Prozent“ der Bevölkerung im gesetzlichen Rentenalter (65 Jahre und älter). In der BIAJ-Kurzmitteilung vom 6. September 2011 (hier) wurde auf die Fehler aufmerksam gemacht. Eine Presseinformation des BMAS, die die von den Medien weit verbreiteten falschen Zahlen korrigiert, blieb (nach unserem Kenntnisstand) bisher aus.
Die kleine Auswertung der Daten zur geringfügig entlohnten Beschäftigung (Statistik der Bundesagentur für Arbeit) und zur Bevölkerungsentwicklung (Statistisches Bundesamt) durch das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) zeigt, wie sich die geringfügig entlohnte Beschäftigung ("Minijobs") im gesetzlichen Rentenalter (65 Jahre und älter), differenziert nach Altersgruppen (65 bis unter 70 Jahre; 70 bis unter 75 Jahre; 75 Jahre und älter) und Geschlecht, von Ende 2003 bis Ende 2010 in der Bundesrepublik Deutschland entwickelt hat.
In der Altersgruppe 65 bis unter 70 Jahre waren 9,1 Prozent, in der Altersgruppe 70 bis unter 75 Jahre 5,3 Prozent, und in der Altersgruppe 75 Jahre und älter 1,4 Prozent (der Bevölkerung in der entsprechenden Altersgruppe) geringfügig entlohnt beschäftigt. ("Minijobber" und "Minijobberinnen")
Die gesamte BIAJ-Kurzmitteilung vom 21. September 2011 finden Sie hier: Download